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NIMO Beiträge

Francis Fukuyama – Identität

Der US-amerikanische Politikwissenschaftler Francis Fukuyama hat ein Buch geschrieben, welches den Titel „Identität“ trägt. Ein Zitat aus diesem Buch:

„Das Problem der zeitgenössischen Linken beruht auf der besonderen Form der Identität, die sie zunehmend vertritt. Statt Solidarität mit breiten Bevölkerungsschichten wie der Arbeiter-Schaft oder wirtschaftlich Ausgebeuteten herzustellen, konzentriert sie sich auf immer kleinere Gruppen, die auf spezifische Weise marginalisiert werden. Dies ist ein Teil des größeren Diskurses über das Schicksal des modernen Liberalismus: Das Prinzip der universalen Anerkennung ist zu einer speziellen Anerkennung einzelner Gruppen mutiert.“
(Francis Fukuyama, Identität, Hoffmann und Campe, S.115)

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Interview mit Kenan Malik

Der Publizist und Universitätsdozent Kenan Malik äussert in einem Interview mit der Süddeutschen Zeitung:

„Identitätspolitik trennt. Solidaritätspolitik verbindet. Durch ein gemeinsames Ziel, jenseits von Rasse oder Geschlecht oder Sexualität oder Religion oder Kultur oder Nation. Doch die Solidaritätspolitik hat in den vergangenen zwei oder drei Jahrzehnten stark gelitten. Heute scheint Identitätspolitik für viele die einzige mögliche Form zu sein, kollektiv Politik zu machen. Solidarität wird nicht mehr politisch gedacht – als kollektive Anstrengungen, um bestimmte politische Ideale umzusetzen -, sondern sie wird ethnisch oder kulturell gedacht.“
(Kenan Malik)

Ein lesenswertes Interview.

Kenan Malik über Multikulturalismus

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Identität und Heimat vs. Individualität

Samuel Salzborn, Gastprofessor für Antisemitismusforschung an der Technischen Universität Berlin und ein interessanter Artikel über Heimat und Identität.

„Heimatideologie greift insofern auf eine über Jahrhunderte hinweg konstruierte, partikularistisch orientierte Geschichte und Gesinnung als Grundlage zurück. Volk und Territorium gehören in diesem Sinne unmittelbar zusammen. Dieser Partikularismus geht davon aus, dass es Völker und Volksgruppen gibt, die erstens völkisch oder kulturell bestimmt über eine gemeinsame Identität verfügen (in Wahrheit stellt er diese her, denn als ethnisch definierte Gruppen sprechen sie sich selbst ihr kollektives Identitätskonstrukt zu, sind folglich also imaginierte Konstrukte); die zweitens in einer Jahrhunderte langen und damit als natürlich und unabänderbar betrachteten Tradition und Geschichte stehen; die drittens schützens- oder wiederbelebenswert sind und viertens in der Ausübung ihres so verstandenen Rechtes auf Selbstbestimmung und ihres – nun essentiell-kollektiv und damit antidemokratisch verstandenen – Heimatrechtes behindert werden. Damit steht das Heimatparadigma nicht nur im Widerspruch zu modernen Migrationsbewegungen und zur europäischen Niederlassungsfreiheit, sondern auch zu allen Konzepten, die die Freiheit und Gleichheit von Individuen als politische und soziale Subjekte betonen.“

https://www.theorieblog.de/index.php/2018/10/heimat-identitaet-und-ausgrenzung/

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Eine Relativierung der Menschenrechte ist unmöglich

In einem Arikel auf derstandard.de wird die Frage gestellt: „Verpflichtet die Demokratie zum ethischen Relativismus?“. Der Relativismus steht ja gerne in Opposition zum Universalismus. Im Kapitel „Menschenrechtliche Konfliktlinie: Universalismus vs. Relativismus“ des Buches „Menschenrechtsorganisationen in der Türkei“ (Anne Duncker, VS Verlag für Sozialwissenschaften, 2009) steht:

„Wie zu Beginn erläutert, gehen universalistische Theorien davon aus, dass Menschenrechte für alle Individuen gleichermaßen, unabhängig von ihrem Aufenthaltsort, ihrer Staatsbürgerschaft, ihrer religiösen oder kulturellen Zugehörigkeit, gültig sind. Menschenrechte dürfen diesem Ansatz nach also nicht relativiert werden, sondern gelten absolut. Relativisten hingegen sehen in diesem Verständnis eine Missachtung kultureller und religiöser Unterschiede. Sie plädieren dafür, dass Menschenrechte an die jeweiligen Kontextbedingungen angepasst werden sollten, also keine universale, sondern lediglich partikulare Gültigkeit besitzen sollten.“

Es sollte daran erinnert werden, dass wir im 20. Jahrhundert einen Weltkrieg mit Millionen von Toten zu beklagen hatten.

„Ohne Gegenstimmen wurde die Allgemeine Erklärung der Menschenrechte von der Generalversammlung der Vereinten Nationen am 10. Dezember 1948 angenommen. Wesentlich sind dabei, neben der Egalität und Unteilbarkeit der Menschenrechte, die Universalität: Menschenrechte sind in ihrem Anspruch allgemein gültig, sie gelten für alle Menschen, überall und zu jeder Zeit.“
(https://uni.de/redaktion/menschenrechte-zwischen-universalismus-und-kulturrelativismus)

Der Artikel auf derstandard.de setzt sich mit dem Rechtstheoretiker Hans Kelsen, der 1929 über „Wesen und Wert der Demokratie“ geschrieben hatte. Seine Position war, dass weltanschauliche Freiräume nur dann zu haben seien, wenn sich die Gesellschaft zum ethischen Relativismus bekenne.

Das Problem des ethischen Relativismus ist aber, dass er vielfältig sein will, aber Grundwerte und sogar die Universalität der Menschenrechte in Frage stellt. Es mag nett sein, dem anderen zuzugestehen, dieser habe eine „andere Meinung“, es ist aber auffällig, dass sich in letzter Zeit ja genau diejenigen auf die „andere Meinung“ berufen, die Menschenrechte nicht mehr allen Menschen gewähren wollen. Wenn gemeinsame ethische Grundewerte in Frage gestellt werden, wird es schwierig.

Dieser Satz des Arikels auf derstandard.de trifft es ganz gut:

„Demokratie steht auf festeren normativen Grundlagen. Deren Bekenntnis zu Menschenrechten, Grundrechten und Rechtsstaatlichkeit ist mehr als eine subjektivistisch-relative Meinungskundgebung.“

Der Artikel findet sich hier:
https://www.derstandard.de/story/2000088110313/verpflichtet-die-demokratie-zum-ethischen-relativismus

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Identität: Eindimensional und abgrenzend.

Identität ist immer eindimensional, abgrenzend und wird als Kategorisierung von Gruppen und zur Vereinheitlichung ihrer angeblichen Angehörigen zum Zwecke der Macht als Idee behauptet und erschaffen.

Eindimensional ist Identität deswegen, da immer eine bestimmte Gemeinsamkeit zwischen Menschen behauptet wird. Abgrenzend, da diese Gemeinsamkeit gleichzeitig die Verschiedenheit mit sich bringt, die dann zu einem „wir und die anderen“ wird. Und vereinheitlichend, da eine Gemeinsamkeit die Gleichheit der Gruppe bedingt.

Identität zu konstruieren benötigt Stereotype und führt zur Projektion der eigenen Schwächen auf den/die Anderen.

Beispiele:

Nationale Identität: „Deutsche – Ausländer“.

  • Annahme, dass es z.B. so etwas wie ein homogenes Deutschsein gibt, ohne näher zu definieren, was dieses Deutschsein ist.
  • Benennung des „Anderen“ wie z.B. „Ami“, „Franzose“, „Muslim“, „Schwarze“,…
  • Hervorhebung von Stereotypen („die sind so, wir sind so“).
  • Eindimensionalität: Nationalität (anstatt anderer Merkmale, die Abgrenzungen widerlegen würden wie Anzahl der Finger an der Hand, dem Bedürfnis zu Schlafen, etc.)

Geschlechtliche Identität: „Männer – Frauen“, aber auch „Trans*, Inter*, nonbinär*…“

  • Entweder Annahme, dass es so etwas, wie binäre Geschlechter gibt oder, dass zwischen Identitätsgruppen unterschieden werden könne. Gerne unter Heranziehung von Biologismen (Länge/Form von Körpermerkmalen) oder autoritären Belegen (Arztdiagnosen).
  • Benennung des jeweils „Anderen“ und Hervorhebung der Unterscheidungsmerkmale.
  • Eindimensionalität: Aufteilen von unterschiedlichen geschlechtlichen Merkmalen auf unterschiedliche Gruppen.

Was meint Vielfalt in identitärer Weltanschauung?

Das Nebeneinanderher unterschiedlicher (zuvor konstruierter) Gruppen.

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Über rechte Identitäten

Woher kommt der Identitätsbegriff und warum ist er mit rechtsextremen Weltbildern kompatibler als mit linken Weltanschauungen? In einem Aufsatz der Bundeszentrale für Politische Bildung heisst es:

„Der Begriff Identität ist relativ jung. Er findet zwar schon in einigen Lexika des frühen 19. Jahrhunderts bei der Erklärung von Wörtern wie Derselbe oder Einerley Verwendung, als eigenständiger Ausdruck wird er dort jedoch erst zum Ende des 19. Jahrhunderts geführt und charakterisiert als ‚philos[ophisches] Kunstwort‘, das aus dem Neulateinischen abgeleitet für ‚Einerleiheit‘ oder ‚Wesenseinheit‘ steht. In dieser Wortbedeutung der Gleichheit von zwei oder mehreren Dingen findet sich der Begriff jedoch schon in der antiken Philosophie in Form seines griechischen Ursprunges autos, to auton sowie im theologischen Diskurs des Mittelalters im lateinischen Begriff identitas oder idem.“

Im weiteren Verlauf des Textes wird der rechtspopulistische Identitätsbegriff, der von einem festen unveränderlichen Wesen ausgehe mit einer Vorstellung verglichen, die Identität als prozesshaft ansieht – also als etwas, was immer wieder neu gebildet wird, je nach „sozialen Anforderungen, des Erfahrungswissens und der Selbstbilder.“

So weit so gut. Die Frage wäre, warum eine sich permanent verändernde Identität dann die Idee der Identität benötigt. Er wäre doch schön, die Idee des „Einerleis“ oder „Desselben“ zu überwinden, um Menschen in ihrer Individualität und Vielschichtigkeit zu erfassen.

(Sascha Nicke, 2017, http://www.bpb.de/politik/extremismus/rechtspopulismus/241035/der-begriff-der-identitaet)

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Ein Zitat aus ‚Identity Crap‘

„‚Identity‘ serves as a replacement for concepts that are tribalist, nationalist or racist at core. At best, it is a nonsense term. At its worst, however, it is demagogic. […] As a rule of thumb, whenever anybody speaks of ‚identity‘ and refers to a group of people, he or she is trying to abuse someone, often that group itself. The term is widely and generally used as a means of manipulation or self-deception. It has become the lingo of demagogues, even if many well-meaning intellectuals are blind to this.“

(Andreas Ströhl, Camera Lucida, 2010, http://cameralucida.net/)

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Beginn

Um dem weltweiten Trend des Identitarismus, der Konstruktion von Identität eine geeignete Antwort zu geben, haben wir die No Identity Movement, kurz NIMO, ins Leben gerufen. Ähnlich wie Rassismus besteht Identitarismus auf der Idee, Menschen zwischen homogenen Gruppen aufzuteilen und ein „wir und die“ zu erzeugen.

Die Website beleuchtet die unterschiedlichen Konstruktionen von Identität kritisch, sei es ob es sich um Geschlechterkonstruktionen handelt oder ob wir Stellung zu Nationalismen nehmen. Unsere Haltung basiert dabei auf der Idee der Menschheit und der Gemeinsamkeit.

Wer sich NIMO anschliessen will, kann Kontakt mit uns aufnehmen, oder es auch sein lassen und eine eigene kritische Auseinandersetzung mit Identitätskonstruktionen beginnen. Wir freuen uns aber über jeden konstruktiven Austausch.

No Identity!

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